I. Ein Gedanke zur Einführung
Mit dem eigenen Vermögen dürfen wir eigentlich tun und lassen was wir wollen.
- Wir stehen aber auch in vielfältigen persönlichen und rechtlichen Beziehungen zu Angehörigen oder anderen uns nahestehenden Menschen.
- Ein Aspekt des verantwortungsvollen Umganges mit unseren wirtschaftlichen Werten ist die sorgfältige Planung und Sicherung im Hinblick auf die wichtigsten Lebensereignisse unseres Daseins:
Eingehung oder Auflösung einer Ehe, Geburt von Kindern, Gründung oder Übernahme eines Unternehmens und zu letzt und jeden betreffend, unseren Tod.
II. Gesetzliche Regelung
Die freie Verfügung über das eigene Vermögen ist auf zwei Seiten gesetzlich eingeschränkt:
- bei einer verheirateten Person zu Lebzeiten in der güterrechtlichen Beteiligung des Ehepartners am Vermögen
- im Todesfall bestehen erbrechtliche Ansprüche des überlebenden Ehegatten sowie blutsverwandter Erben
- Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung (Artikel 196 – 220 Zivilgesetzbuch)
- gesetzliche Erben und Erbquoten bzw. Pflichtteil (Artikel 457 – 476 Zivilgesetzbuch)
- In einem ersten Schritt erfolgt die Aufteilung nach dem Güterstand gemäss Eherecht; genau gleich, wie wenn die Ehe durch Scheidung aufgelöst würde. Der überlebende Ehepartner erhält die Hälfte des während der Ehe erwirtschafteten Vermögens.
- Erst der danach beim Verstorbenen verbleibende Teil, in der Regel die Hälfte, steht den Erben zur Verfügung. In einem zweiten Schritt wird dieses Restvermögen gemäss Erbrecht an die Erben verteilt. Der überlebende Ehegatte erhält davon als Erbe wiederum die Hälfte, die andere Hälfte steht den Kindern zur Verfügung.
Sowohl für die finanzielle Seite der Auflösung einer Ehe durch Scheidung oder Tod wie für das Vererben gibt das Gesetz standardisierte Lösungen vor. Diese gelten, sofern die Beteiligten nichts anderes Regeln:
Der gesetzgeberische Normalfall:
Wird eine Ehe mit Nachkommen durch den Tod eines Ehepartners aufgelöst, werden die Vermögenswerte des verstorbenen Erblassers in zwei Stufen aufgeteilt:
III. Individuelle Lösungen
Möglichkeit der Anpassung an individuelle Verhältnisse mit Ehe- und Erbvertrag und Testament
Da die gesetzlichen Standardlösungen nicht für alle Personen und Situationen am besten geeignet sind, gibt der Gesetzgeber Möglichkeiten, davon abzuweichen:
- Mit dem Testament ist eine Vielfalt von Regelungen auf den Tod hin möglich, allerdings dürfen die Pflichtteile der gesetzlichen Erben nicht verletzt werden. Ein Willensvollstrecker kann nur im Testament eingesetzt werden.
- Mit Ehe- und Erbverträgen können mit dem Ehegatten und den zukünftigen Erben freie Vereinbarungen zum ehelichen Güterrecht und dem Erbrecht getroffen werden.
Solche Regelungen können individuell auf die Bedürfnisse und Wünsche angepasst werden. - Ehevertrag heisst der Vertrag, wenn eine güterrechtliche oder sonst die Ehe betreffende Vereinbarung geschlossen wird.
- Erbvertrag heisst der Vertrag, wenn das gesetzliche Erbrecht geändert werden soll. Das Pflichtteilsrecht kann übergangen und es können mit anderen Personen verbindliche Abmachungen auf den Tod hin getroffen werden.
- Weder der Ehe- noch der Erbvertrag schränkt zu Lebzeiten die Verfügungsfreiheit über das eigene Vermögen ein.
- Beide Verträge können in einem einzigen Vertragswerk kombiniert werden. Daneben kann auch zusätzlich ein Testament errichtet werden, soweit die vertraglichen Regelungen unberührt bleiben. Dies ist oft sinnvoll.
- Die Verträge müssen zur Gültigkeit bei einer Urkundsperson, in der Regel einem Notar, beurkundet werden.
- Begünstigungsklausel in Lebensversicherungspolicen
- Nachfolge- und Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen
- langfristige, feste in das Grundbuch eingetragene Mietverträge
- anderes mehr
Eine Begünstigung von nahestehenden Personen ist auch auf anderem Weg als über Testament/Ehe- und Erbvertrag möglich. Die Mittel dazu sind vielfältig.
- Begünstigungsklausel in Lebensversicherungspolicen
- Nachfolge- und Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen
- langfristige, feste in das Grundbuch eingetragene Mietverträge
- anderes mehr
IV. Steuerliche Aspekte
IV. Fallbeispiele
Heirat mit vorbestehendem Vermögen der Ehepartner – die Heiratswilligen bringen Vermögen in Form eines Unternehmens und von Immobilien in die Ehe ein
gesetzliche Lösung: beide Ehepartner sind im Falle einer Scheidung oder des Vorversterbens des anderen an dem Ertrag und der Wertsteigerung des Unternehmens und der Immobilien während der Zeit der Ehe zur Hälfte beteiligt, ein allfälliger Verlust auf der einen Seite wird nicht mit einem Vorschlag auf der anderen Seite verrechnet.
möglicher Ehevertrag: Die Ehepartner bleiben am Ertrag und einer Wertveränderung der eingebrachten Vermögen allein berechtigt. Im Falle einer Scheidung erfolgt keine gegenseitige güterrechtliche Beteiligung. Bei einem Vorversterben des einen existieren Ansprüche aus Erbrecht, diese können mit einem Testament oder einem Erbvertrag modifiziert werden.
späte zweite Ehe mit Kindern aus erster Ehe – die Ehepartner haben eine Ehe hinter sich und sind in einem fortgeschrittenen Alter, die Kinder auf beiden Seiten sind bereits erwachsen, die Altersvorsorge ist gesichert
gesetzliche Lösung: Wird die Ehe durch Tod aufgelöst, erhält der überlebende Ehegatte aus ehelichem Güterrecht noch vor den leiblichen Kindern des Verstorbenen die Hälfte des hinterlassenen Vermögens. Aus dem Rest ist der überlebende Ehegatte wiederum zur Hälfte beteiligt. Damit bleibt den leiblichen Kindern lediglich ein Viertel des ursprünglichen Vermögens ihres Elternteils. Verständlich, dass die Kinder mit solchen Überlegungen der späten Heirat gemischte Gefühle entgegenbringen.
möglicher Ehe- und Erbvertrag: Die beiden Ehegatten vereinbaren, dass sie gegenseitig auf Ansprüche aus Güterrecht (ehevertraglicher Teil) und aus Erbrecht (erbvertraglicher Teil) verzichten. Damit bleiben die Vermögen den jeweils eigenen Kindern erhalten.