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Wenn das Gericht ein Gutachten veranlassen muss
Bekanntlich veranlasst die Invalidenversicherung jährlich zahlreiche medizinische Gutachten mit einer oder mehreren ärztlichen Disziplinen.
Wenn ein solches Gutachten bei einer Beschwerde gegen die IV vom kantonalen Versicherungsgericht als nicht beweiskräftig beurteilt wird, muss das Gericht selber bei einer Gutachterstelle ein (Ober-) Gutachten einholen. Es darf die Angelegenheit dann nicht an die IV zurückgeben, damit diese ein neues Gutachten einholt. Wenn das kantonale Gericht dies aber ungerechtfertigterweise dennoch macht, ist sein Urteil beim Bundesgericht leider grundsätzlich nicht anfechtbar. Es handelt sich um einen nicht anfechtbaren Zwischenentscheid.
Von dieser Regel kann das Bundesgericht abrücken, wenn ein kantonales Gericht REGELMÄSSIG keine Gerichtsgutachten einholt, obwohl das IV-Gutachten nicht in Ordnung ist.
Im vorliegenden Fall stellte sich das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen auf den Standpunkt, es sei nicht seine Aufgabe, den Sachverhalt zu ermitteln, sondern die der IV. Daher müsse es nicht selber Gutachten einholen. Diese Auffassung lässt das Bundesgericht aber nicht gelten, sondern weist das kantonale Gericht an, selber eine medizinische Begutachtung anzuordnen, ausser wenn es nur um die Klärung einer Frage im IV-Gutachten oder um eine Klarstellung, Präzisierung oder Ergänzung desselben geht. Damit werde der Verfahrensfairness, der Straffung des Verfahrens und der beschleunigten Rechtsgewährung gedient.
Das erscheint richtig, denn eine Rückweisung an die IV zur neuen Begutachtung würde deutlich länger dauern und wäre komplizierter, als wenn das Gericht das Gutachten gleich selber veranlasst, wenn das IV-Gutachten nichts taugt.
(Urteil des Bundesgerichts 8C_580/2017 vom 9.2.2018)
Markus Rüegg