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Unfallähnliche Körperschädigungen (UKS im UVG) – was ist neu?
Eine UKS ist ein Spezialfall eines Unfalls, indem kein „ungewöhnlicher äusserer Faktor“ vorliegt (z.B. reicht ein Verdrehen des Knies beim normalen Gehen). Ab 1.1.2017 wurde eine Neuregelung im Gesetz vorgenommen. Die Suva umschreibt diese Neuerung so: “Die Körperschädigungen, die wie ein Unfall behandelt werden, sind nun abschliessend im Gesetz aufgezählt (Art. 6 Abs. 2 UVG). Für einen Anspruch auf Versicherungsleistungen braucht es in diesen Fällen kein sinnfälliges Ereignis [„dumme Bewegung“] mehr. Jedoch besteht kein Anspruch, sofern die Körperschädigungen vorwiegend auf Abnutzung oder Erkrankung zurückzuführen sind.“
Wie man unschwer erkennen kann, gibt es bei dieser Regelung einige Begriffe mit erheblichem Interpretationsspielraum. Ist gar kein „Ereignis“ mit anschliessenden gesundheitlichen Beschwerden mehr notwendig? Kann also auch ein schleichender Prozess mit mehreren kleinen „Ereignissen“ als UKS gelten? Was heisst „vorwiegend“? Muss der Arzt hier die Prozente (wieviel?) angeben? Was gilt als „Abnutzung“ oder „Erkrankung“ und damit nicht als UKS? Gibt es nur „entweder oder“, oder kann eine UKS einen Krankheitsprozess dauerhaft verschlechtern oder eine Teilursache einer Schädigung darstellen?
Diese Fragen wurden kürzlich im Rahmen einer Abend-Fortbildung der „Rechtsberatungsstelle UP“ zwischen Fachleuten diskutiert (www.rechtsberatung-up.ch). Zuvor hatte sich das Vorstandsmitglied Rechtsanwältin Evalotta Samuelsson in einem Artikel in der „Schweizerischen Zeitschrift für Sozialversicherung und berufliche Vorsorge“ SZS (2018 Seite 335-366) eingehend mit dem Thema befasst.
Das Ziel des neuen Art. 6 Abs. 2 UVG, nämlich eine Vereinfachung für die Versicherten, wurde leider nicht erreicht. Zwar sollte beim Vorliegen einer der dort aufgeführten 8 Verletzungen automatisch von einer UKS ausgegangen werden, sodass die Unfallversicherung zahlt. Es handelt sich dabei (abschliessend) um: Knochenbrüche, Verrenkungen von Gelenken, Meniskusrisse, Muskelrisse, Muskelzerrungen, Sehnenrisse, Bandläsionen und Trommelfellverletzungen. Es obliegt der Unfallversicherung, gegebenenfalls zu beweisen, dass die Körperschädigung vorwiegend auf Abnützung oder Krankheit zurückzuführen ist, wenn sie nicht zahlen will. Es muss also nicht der Versicherte beweisen, dass es eine UKS ist, wenn er eine der genannten Verletzungen erlitten hat. Dennoch sind die Versicherungen und ihre ärztlichen Dienste am längeren Hebel, wenn es darum geht, Faktoren aufzuführen, die aus medizinischer Sicht und aufgrund der wissenschaftlichen Literatur eher auf Abnützung und Krankheit beruhen als auf einer UKS. Obwohl das „Ereignis“ keine Rolle mehr spielen soll, wird es bei solchen medizinischen Überlegungen natürlich regelmässig diskutiert und die Art und Weise, wie der Geschädigte die Beschwerden erlitten hat, oft als ungeeignet für eine UKS hingestellt. Die behandelnden Ärzte sehen sich meist nicht dazu berufen, gegen eine Meinung der Versicherungsmedizin zu opponieren oder haben einfach keine Zeit dazu.
Die neue Regelung hat in der Praxis leider eher zu mehr Rechtsfällen geführt. Geschädigte und ihre Vertreter beklagen praktisch nur noch abweisende Entscheide und Gerichtsurteile, sodass der genannte Interpretationsspielraum nun öfter zu Ungunsten der Versicherten ausschlägt.